Zurück zum Blog
EU-Regulierung

Digital Services Act (DSA): Neue Pflichten für Online-Händler seit 2024

20.02.20249 Min. Lesezeit

Der Digital Services Act (DSA) bringt seit Februar 2024 erhebliche Veränderungen für alle Online-Händler mit sich. In diesem Artikel erfahren Sie, welche neuen Pflichten auf Sie zukommen und wie Sie Ihr Geschäft rechtskonform gestalten können.

Was ist der Digital Services Act?

Der Digital Services Act (DSA) ist neben dem Digital Markets Act (DMA) Teil des Gesetzespakets für digitale Dienste der Europäischen Union. Es handelt sich um eine Verordnung, die direkt in allen EU-Mitgliedstaaten gilt und seit dem 17. Februar 2024 vollständig anwendbar ist. Der DSA soll ein sichereres digitales Umfeld schaffen, indem er Online-Plattformen und -Dienste stärker in die Verantwortung nimmt.

Im Gegensatz zur bisher geltenden E-Commerce-Richtlinie aus dem Jahr 2000 geht der DSA deutlich weiter und schafft ein umfassendes Regelwerk für alle Arten von Online-Diensten – von kleinen E-Commerce-Websites bis hin zu großen Online-Plattformen und Suchmaschinen.

Für wen gilt der DSA?

Der Anwendungsbereich des DSA ist bewusst weitgefasst und betrifft praktisch jeden Online-Händler, der in der EU tätig ist. Konkret gilt der DSA für:

  • Vermittlungsdienste: Internet-Provider, Cloud-Dienste, DNS-Dienste
  • Hosting-Dienste: Webhosting-Anbieter, Cloud-Dienste
  • Online-Plattformen: Online-Marktplätze, App-Stores, Social-Media-Plattformen
  • Sehr große Online-Plattformen: Plattformen mit mehr als 45 Millionen monatlich aktiven Nutzern
  • Online-Suchmaschinen: insbesondere sehr große Suchmaschinen

Für E-Commerce-Unternehmen ist besonders relevant, dass praktisch jeder Online-Shop unter den Begriff der "Online-Plattform" fällt, sofern er Verbrauchern ermöglicht, Fernabsatzverträge mit Händlern abzuschließen.

Die wichtigsten Pflichten für Online-Händler

1. Transparenzpflichten in AGB

Als Online-Händler müssen Sie Ihre AGB an die neuen Anforderungen des DSA anpassen. Sie sind verpflichtet, klar und verständlich über Ihre Richtlinien zu informieren, insbesondere über:

  • Informationen zu Algorithmen, die für Empfehlungen genutzt werden
  • Jegliche Einschränkungen der Nutzung Ihres Dienstes
  • Verfahren zur Behandlung von Beschwerden
  • Ihre Maßnahmen gegen illegale Inhalte

2. Erweitertes Notice-and-Action-Verfahren

Online-Händler müssen ein leicht zugängliches und benutzerfreundliches System zur Meldung illegaler Inhalte einrichten. Nach Erhalt einer solchen Meldung sind Sie verpflichtet:

  • Den Eingang der Meldung zu bestätigen
  • Die Meldung zügig zu bearbeiten
  • Den Melder über Ihre Entscheidung zu informieren
  • Die Entscheidung zu begründen

Dies betrifft etwa gefälschte Produkte oder andere illegale Angebote auf Ihrer Plattform.

3. Verpflichtende Single Points of Contact

Sie müssen einen zentralen Ansprechpartner (Single Point of Contact) für die Kommunikation mit Behörden und Nutzern benennen. Diese Kontaktdaten müssen leicht auffindbar auf Ihrer Website veröffentlicht werden. Der Ansprechpartner muss in der Lage sein, mit den Aufsichtsbehörden in deren jeweiliger Amtssprache zu kommunizieren.

4. Erweiterte Informationspflichten für Online-Marktplätze

Betreiben Sie einen Online-Marktplatz, auf dem Dritte Produkte anbieten können, gelten für Sie zusätzliche Pflichten:

  • Überprüfung der Identität von Händlern (Know Your Business Customer, KYBC)
  • Speicherung von grundlegenden Informationen zu Händlern für mindestens sechs Monate nach Ende der Geschäftsbeziehung
  • Regelmäßige stichprobenartige Überprüfung der angebotenen Produkte auf Rechtmäßigkeit
  • Klare Kennzeichnung, ob ein Angebot von einem Händler oder einem Privatverkäufer stammt

5. Werbetransparenz

Der DSA stellt neue Anforderungen an die Transparenz bei Online-Werbung:

  • Nutzer müssen klar erkennen können, dass es sich um Werbung handelt
  • Sie müssen wissen, wer für die Werbung bezahlt hat
  • Die wichtigsten Parameter für die Auswahl der Werbung müssen offengelegt werden
  • Werbung, die auf sensiblen personenbezogenen Daten basiert, ist verboten

6. Design-Vorgaben und Dark Pattern-Verbot

Der DSA verbietet ausdrücklich "Dark Patterns" – Gestaltungsmethoden, die Nutzer zu ungewollten Entscheidungen verleiten, wie etwa versteckte Kosten oder vorausgefüllte Häkchen. Die Benutzeroberfläche Ihres Online-Shops muss:

  • Fair und transparent gestaltet sein
  • Keine Manipulation oder Täuschung der Nutzer beinhalten
  • Klare und zugängliche Informationen bieten
  • Die freie und informierte Entscheidung der Nutzer ermöglichen

7. Umgang mit Minderjährigen und schutzbedürftigen Nutzern

Online-Plattformen müssen besondere Maßnahmen zum Schutz von Minderjährigen ergreifen:

  • Altersverifikationssysteme, sofern rechtlich erforderlich
  • Keine gezielte Werbung an Minderjährige, die auf Profiling basiert
  • Benutzeroberfläche so gestalten, dass sie für Minderjährige sicher ist
  • Besondere Sorgfalt bei Produkten, die für Minderjährige ungeeignet sind

Risikomanagement und Sanktionen

Der DSA sieht ein abgestuftes Sanktionssystem vor, das je nach Schwere des Verstoßes, Vorsatz und wiederholtem Fehlverhalten variiert. Die Strafen können erheblich sein:

  • Bis zu 6% des weltweiten Jahresumsatzes für schwerwiegende Verstöße
  • Bis zu 1% des Jahresumsatzes für die Bereitstellung falscher Informationen
  • Periodische Zwangsgelder von bis zu 5% des durchschnittlichen Tagesumsatzes

Es ist daher unerlässlich, dass Sie ein angemessenes Risikomanagement-System implementieren, um Verstöße zu vermeiden.

Checkliste: DSA-Compliance für Online-Händler

Um Ihren Online-Shop DSA-konform zu gestalten, sollten Sie folgende Maßnahmen ergreifen:

  1. Überprüfen und Aktualisieren Ihrer AGB gemäß den neuen Transparenzanforderungen
  2. Einrichtung eines Notice-and-Action-Systems für Meldungen über illegale Inhalte
  3. Benennung eines Single Point of Contact und Veröffentlichung der Kontaktdaten
  4. Anpassung Ihrer Werbestrategien an die neuen Transparenzanforderungen
  5. Überprüfung der Gestaltung Ihres Online-Shops auf mögliche Dark Patterns
  6. Implementierung spezieller Schutzmaßnahmen für minderjährige Nutzer
  7. Einrichtung eines angemessenen Risikomanagement-Systems
  8. Regelmäßige Schulung Ihrer Mitarbeiter zu den DSA-Anforderungen
  9. Dokumentation aller Compliance-Maßnahmen für mögliche behördliche Prüfungen

Fazit: Der DSA als Chance für den E-Commerce

Trotz der zahlreichen neuen Pflichten bietet der DSA auch Chancen für den E-Commerce. Durch ein einheitliches Regelwerk in allen EU-Mitgliedstaaten werden gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen. Zudem kann das erhöhte Vertrauen der Verbraucher in sicherere Online-Plattformen langfristig zu mehr Umsatz führen.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer proaktiven Anpassung Ihres Geschäftsmodells an die neuen Anforderungen. Betrachten Sie den DSA nicht nur als Regulierungslast, sondern als Gelegenheit, Ihre Plattform vertrauenswürdiger und nutzerfreundlicher zu gestalten. Mit den richtigen Maßnahmen können Sie nicht nur Bußgelder vermeiden, sondern auch einen Wettbewerbsvorteil in der neuen regulatorischen Landschaft erzielen.

Häufig gestellte Fragen zum DSA

Gilt der DSA auch für kleine Online-Shops?

Ja, der Digital Services Act gilt grundsätzlich für alle Online-Dienste, unabhängig von ihrer Größe. Allerdings sind die Pflichten abgestuft, und bestimmte Anforderungen gelten nur für größere Plattformen. Als kleiner Online-Shop müssen Sie insbesondere die Transparenzpflichten in den AGB, die Einrichtung eines Meldesystems für illegale Inhalte und die Benennung eines Ansprechpartners erfüllen. Einige spezifische Pflichten, wie umfangreiche Berichterstattungspflichten, gelten nur für größere Plattformen.

Wie muss ich mein Meldesystem für illegale Inhalte gestalten?

Ihr Meldesystem muss leicht zugänglich, benutzerfreundlich und verständlich sein. Es sollte klar erkennbar auf Ihrer Website platziert werden, z.B. im Footer oder in einem eigenen Bereich für rechtliche Informationen. Das System muss es Nutzern ermöglichen, elektronisch und mit ausreichender Präzision und Begründung auf potenziell illegale Inhalte hinzuweisen. Nach Eingang einer Meldung müssen Sie deren Erhalt bestätigen, die Meldung zügig bearbeiten und den Melder über Ihre Entscheidung informieren - inklusive Begründung. Für kleine Online-Shops reicht in der Regel ein einfaches Kontaktformular mit entsprechendem Hinweis oder eine dedizierte E-Mail-Adresse.

Was sind konkrete Beispiele für verbotene "Dark Patterns"?

Dark Patterns sind Designtechniken, die Nutzer zu unbeabsichtigten, ungewollten oder nachteiligen Entscheidungen verleiten. Konkrete Beispiele, die nach dem DSA verboten sind, umfassen: vorausgefüllte Checkbox für Zusatzleistungen oder Newsletter, versteckte Kosten, die erst im letzten Schritt des Bestellprozesses sichtbar werden, erschwerte Abmeldeoptionen bei gleichzeitig einfacher Anmeldung, irreführende Countdown-Timer, die künstlichen Zeitdruck erzeugen, "Roach Motel"-Designs, bei denen es einfach ist, sich anzumelden, aber schwer, wieder herauszukommen, und manipulative Formulierungen, die zu bestimmten Entscheidungen drängen. Achten Sie auf ein faires, transparentes Design, das Nutzern informierte Entscheidungen ermöglicht.

Autor

anwaltX Redaktion